Neben mir saßen gestern Leute, die Sachen gesagt haben wie „Aber mit Löw gewinnen wir halt auch nix“ und sich zwei Stunden später beklagt haben, dass Fred leichter fällt als der Regen. Man müsste sich dann doch entscheiden, denke ich, ob man das Spiel respektiert (und darin die theoretische Möglichkeit der Niederlage) oder den Sieg. Aber da gilt im Nationalbewusstsein ja immer noch: die anderen spielen, Deutschland gewinnt; gegen jede historische Erfahrung.

Nach dem Ausgleich hatte ich zu keinem Punkt den Eindruck, Kroatien könnte sich aus dem Spiel noch was herausholen. Die Kroaten kamen mir vor wie ein Schiff ohne Heck und ohne Bug: kein Torwart, kein Stürmer. Ich fand es schon beinah niedlich, dass sie weiterhin so flankten, als würde Mandzukic vorne drin stehen und nicht der arme Jelavic, der da herumfuhrwerkte wie ein Umgelernter. HAtte der mehr als drei zu Höherem verpflichtende Ballkontakte? Der stand da vorne wie Gott im Rapsfeld: als Idee vielleicht ganz schön, aber ohne tatsächliche Auswirkung auf das Geschehen rund um ihn herum.

Ich weiß nicht, was der Matchplan der Kroaten war. 30 Minuten rennen wie räudige Straßenköter und alles beißen, was vorüberrast, bis alle Zähne ausgebrochen sind und man nur noch die Kauleisten klappern hört? Dann den Rest des Spieles in den Schlaf schaukeln, während man selbst dichter hinten drin steht als Harald Juhnke? Wer weiß, das hätte vielleicht klappen können, nur gab es da diese eigenartige Anomalie: die Zweikämpfe hat man außen verloren, das Spiel in der Mitte.

An dieser Stelle gebührt Oscar eine Huldigung: wie der vor dem Ausgleich zweimal den Ball behauptet gegen gefühlt fünf Kroaten, war derart schön, man müsste einen Schlager darüber dichten. Wie man auch über Luiz Gustavo Elegien schreiben müsste; das ist Brasiliens Sicherung. Dreht man den raus, gehen die Lichter aus.

Es bleibt die Erkenntnis, das Brasilien eine Nuß ist: die knackt man über außen. Und egal wie hart sie ist, wenn man den richtigen Hebel findet, tun sich da plötzlich Räume auf, denen man schlicht nur Namen zu geben braucht. Das Drehbuch zu einem Sieg gegen Brasilien hat Michael Ende geschrieben, in der unendlichen Geschichte: was man braucht, sind Außen mit Fantasie.