Griechenland – Tschechien 1:2

Es ist beinah rührend, wie sehr die Griechen darum bemüht sind, ihre in der Tat sehr begrenzten Fähigkeiten durch Wille und Aufopferung auszugleichen. Wie ein verstreuter Professor, der längst keine genialen Momente mehr hat und seine Arbeitsutensilien mal hierhin, mal dahin verteilt, wird der Ball mal in diese, mal in jene Ecke des Spielfeldes gestreut. Wohin dann der bedauernswerte Karagounis springen muss, weil es sonst ja keiner macht, der dann den Ball auf irgendeinen Klumpfuß ablegt, woraufhin: Flacke, Seitenaus. In der Mitte stehen die Stürmer, sie heißen Vladimir und Estragon. Und weil sie immer ihren Text vergessen, müssen sie ihn stets von neuem beginnen. Dann sagen sie „Rien à faire.“ Nichts zu machen.

Die ganze Sinnlosigkeit dieses rituellen Ablaufs wird einem erst vollends bewusst, wenn man weiß, dass Griechenland im gesamten Spiel nur einmal aufs Tor geschossen hat. Was dann ja auch direkt von rinmaligem Erfolg gekrönt gewesen ist, weil Peter patzt. Der Mann, mit dessen Namen so schön Schindluder getrieben werden kann. Zum Beispiel als Schüttelreim: Peter Cech / zetert. Pech!

Tomas Rosicky sagte nach Abpfiff, er habe 25 Minuten mit nur einem Fuß gespielt, weil ihm ein Grieche in die Parade resp. die Achiellessehne gefahren wäre. Man hat ab diesem Moment überhaupt erst gesehen, um wie viel besser Rosicky als seine Spielgefährten ist: davor durchlief der Ball wie von selbst das tschechische Mittelfeld. Man kann es so sagen: Während beim Jubel über das 2:0 alle Spieler zu Pilar liefen, um ihn zu feiern, wandte sich Rosicky als einziger Selassie zu, um ihn für diese beeindruckende Vorarbeit zu loben. Selbst im Feiern hat der noch das richtige Auge.

Polen – Russland 1:1

Als nach der Partie sich mit Waldis EM-Studio das Tal der Ahnungslosen im Ersten tagte, wurde wieder über Gomez debattiert, natürlich. Warum, fragte Bettina Tietjen sinngemäß, über den überhaupt noch gesprochen werde, schließlich habe er doch sein Tor gemacht! Und, als wäre der Idiotie noch nicht genug das Wort geredet, man könne doch auch mit beiden spielen, dann gäbs da ja kein Problem mehr.

Was es aus einer Mannschaft macht, wenn der Stürmer ein spielender ist, hat man in diesem hinreissenden Spiel gesehen: allein Lewandowski lief einen kompletten Jakobsweg, auf der anderen Seite hatte Kershakov vor lauter Kreuzen und quer Passen keine Zeit, mal vernünftig aufs Tor zu schießen. Und gerade deswegen war es ein Spiel von ungeahnter Intensität. Während man bei stoisch an den Strafraum gepflockten Stürmern immer ziemlich sicher sein kann, welcher Ball als nächstes in die Offensive gespielt wird, ist mit spielenden Sturmspitzen jeder Pass ein Abenteuer; das ist die Schönheit des Meeres bei starkem Wind im Vergleich zu Beton.