Portugal – Spanien 2:4 n.E.

Ich habe die letzten Artikel nochmal durchgesehen und tatsächlich trügte mich mein Gedächtnis nicht: Portugal ist mir bisher kaum aufgefallen, geschweige denn dass es mich beeindruckt hätte, obwohl mit Nani und Coentrao zwei meiner Lieblingsspieler dieser EM dieses furchbar alberne Kreuztrikot tragen. Dass sich das mit dem mangelnden Beindruckungsfaktor gegen Spanien nicht ändern würde, dachte ich mir schon, vermutete ich bereits, als ich die Aufstellung gesehen habe: mit Hugo Almeida, diesem behaarten Carsten Janker-Verschnitt, dem Plexus brachialis des portugisieschen Spiels, sollte also ab Minute eins so eine Art Brechstängchen gespielt werden. Vielleicht war ironischerweise als das Gelbe vom Ei gedacht, um Ramos und Piqué in der Mitte zu binden und durch schiere Präsenz Nani und Ronaldo ein wenig mehr Raum verschafft. Bloß die Flanken kamen nicht.

Zur Hälfte muss Spanien eigentlich schon zweinull führen, aber eine anatomische Besonderheit verhinderte das: die spanischen Spieler haben keinen Spann. Wenn man denen einen Hammer in die Hand gibt, versuchen sie, darauf Gitarre zu spielen. Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich das spanische Spiel bei weitem nicht so unansehlich finde wie der momentane Zeitgeist: mag sein, dass ich da zu genügsam bin, aber allein schon die kleinen Lösungen, die Xavi im Mittelfeld immer wieder zu finden in der Lage ist, machen mich bisweilen schaudern. Gut, das hat nichts orgiastisches, es ist eher ein Nackenkraulen; aber doch mit vielen schönen Momenten. Wem das zu destruktiv ist, der kann nicht viel Augsburg gesehen haben diese Saison. Erstaunlich auch, dass Gelegenheitskucker da immer sehr viel anspruchsvoller sind, und gleichzeitig, ohne Persönlichkeitsspaltung, durchgehend der pro Gomez-Fraktion angehören. Es ist dies schon ein seltsames Land, wo man von den anderen Unterhaltung erwartet, von sich selbst aber vor allem den Sieg.

Aber gut, das heute war nicht die ganz große Kunst, dazu war Portugal zu klug. Wie viele hohe Bälle sie geschlagen haben! Selbst die Ecken wurden nicht mehr kurz gespielt; man fragt sich schon, warum del Bosque bei dieser Tendenz irgendwann Fabregas brachte und nicht Llorente, bei dem zumindest eine theoretische Chance bestanden hätte, dass er sich über Pepe hinwegsetzt. Oder Alves. Und dass Portugal irgendwann zu erschöpft sein würde, seine Konter zu Ende zu spielen. Und tatsächlich sprach Ronaldo kurz vor Schluss: Veni, vidi, wik vaporub: ich kam, sah und siechte. Am Ende hatte nur der unfassbare Patricio sich noch nicht ausreichend verausgabt; zum Dank schlugen ihm seine Verteidiger einige Kerzen in den Himmel.

Es half nichts, der Pfosten war nicht eckig. Wie bisher immer während dieser EM, gewann jene Mannschaft das Elfmeterschießen, die auch das Spiel dominiert hatte. Immerhin hören jetzt nach den Chelsea-Vergleichen auch die albernen CR7-Witze auf. Immerhin.